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Mir wurde ein Testament zugestellt, was sollte ich machen?

  • Autorenbild: Av. Serhat TUĞRAL
    Av. Serhat TUĞRAL
  • 19. Sept. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Nach dem Tod Ihres Erblassers wurde Ihnen von einem türkischen Gericht ein Testament zugestellt. In dem zugestellten Schriftstück wurde Ihnen das Datum der Testamentseröffnung mitgeteilt. Gleichzeitig wurden Sie darüber informiert, dass Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt dieses Schriftstücks Einspruch gegen das Testament erheben können, und dass, wenn Sie keinen Einspruch erheben, davon ausgegangen wird, dass Sie das Testament so annehmen, wie es ist.

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Was sollten Sie in diesem Fall tun und welche Schritte sollten Sie unternehmen?

Verlieren Sie alle Ihre Rechte, wenn Sie nicht innerhalb eines Monats Einspruch einlegen oder Klage erheben? In diesem Artikel werden wir diese Fragen allgemein behandeln.

Wenn ein Mensch stirbt, ist gesetzlich festgelegt, wer seine Erben sind und wer welchen Anteil am Erbe erhält (gesetzliche Erbfolge). Wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat, kann jeder der Erben beim Gericht (in manchen Fällen beim Notar) einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins für sich stellen. Das ist die Grundregel.



Manchmal kann der Erblasser jedoch ein Testament hinterlassen und die Verwirklichung verschiedener Wünsche und Vorstellungen nach seinem Tod verlangen. Es kann sein, dass er möchte, dass einige Erben einen größeren Anteil am Erbe erhalten, dass einige Erben überhaupt keinen Anteil erhalten oder dass bestimmte Vermögenswerte einigen Erben gehören sollen.


Ändert der Erblasser mit einer letztwilligen Verfügung die gesetzlichen Erbanteile, wird das oben erwähnte normale Erbscheinverfahren nicht mehr durchgeführt, stattdessen wird das hinterlassene Testament eröffnet und auf dieser Basis ein Erbschein gemäß testamentarischer Erbfolge erteilt.


Infolge dieses Schreibens, das Sie vom Gericht erhalten haben, wird das Gericht, wenn Sie nicht innerhalb eines Monats mitteilen, dass Sie dem Testament widersprechen, nun einen Erbschein gemäß testamentarischer Erbfolge, anstelle eines normalen Erbscheins, ausstellen.



Haben Sie also alle Ihre Rechte verloren, weil Sie nicht innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt haben? Nein.


Im türkischen Recht gilt bei den letztwilligen Verfügungen grundsätzlich der Grundsatz der Testierfreiheit (wie Übrigens im deutschen Recht). In einigen Fällen wird jedoch der Wille des Erblassers als ungültig erachtet und die gesetzlichen Erbanteile einiger Erben garantiert. Dies wird wie im deutschen Recht als Pflichtteil bezeichnet. Das Testament des Erblassers kann als ungültig angesehen werden, soweit es gegen den Pflichtteil verstößt.



Auch wenn Sie also dem Testament nicht innerhalb eines Monats widersprechen, können Sie, wenn die Voraussetzungen vorliegen, innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt, an dem Sie erfahren haben, dass Ihr Pflichtteil verletzt wurde, auf Verminderung („tenkis“) klagen. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, können Sie innerhalb der gleichen Frist das Testament auch anfechten, um dieses für ungültig zu erklären.


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass, wenn Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Testaments, Einspruch einlegen, der Erbschein gemäß testamentarischer Erbfolge nicht erteilt werden wird. Legen Sie jedoch keinen Widerspruch ein, wird ein Erbschein gem. testamentarischer Erbfolge ausgestellt, mit dem die Personen, zu deren Gunsten die Verfügung getroffen wurde, das Nachlassvermögen auf sich selbst übertragen können.



Wenn Sie die Klage auf Verminderung („tenkis“) oder die Anfechtungsklage einreichen und gewinnen, können Sie das Nachlassvermögen zurückverlangen, sofern diese noch vorhanden sind. Andernfalls entsteht Ihre persönliche Forderung nur bis zu deren Wert.

Wenn Ihnen also ein zugestelltes Testament nicht gefällt und Sie der Meinung sind, dass es Ihren Pflichtteil verletzt, oder wenn Sie der Meinung sind, dass das Testament ungültig ist, verschafft Ihnen ein Einspruch ohne Versäumung dieser einmonatigen Frist einen wichtigen Vorteil, um Ihre erbrechtlichen Ansprüche zu wahren. Andernfalls müssten Sie diese Rechte durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen der Klage auf Verminderung („tenkis“) oder Anfechtungsklage, sicherstellen.



In diesem Artikel geht es um allgemeine, rechtliche Informationen über Testamente. Wir empfehlen Ihnen selbst keine Maßnahmen zu ergreifen, ohne sich von einem fachkundigen Rechtsanwalt beraten zu lassen, ob Sie einen Pflichtteil haben, ob Sie dem Testament widersprechen müssen und ob die Voraussetzungen für eine Klage auf Verminderung („tenkis“) oder Anfechtungsklage gegeben sind.





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